
Frau Dr. phil. Martina Kral
Kunsthistorikerin, Kuratorin der Sammlung Rosengart Luzern 2002 – 20219
1901 wurde Alberto Giacometti im Bergell als Sohn des neo-impressionistischen Malers Giovanni Giacometti geboren. Schon früh interessierte er sich fürs Zeichnen und Malen, entschied sich jedoch als 21-jähriger für ein Studium der Bildhauerei in Paris. Der schroffen Gebirgswelt seiner Heimat blieb er Zeit seines Lebens zutiefst verbunden und schuf zwischen diesen beiden Polen ein einzigartiges grafisches, zeichnerisches wie bildhauerisches Oeuvre von beeindruckender Modernität. Der Vortrag beleuchtet die verschiedenen Stationen von Giacomettis Ausbildung sowie seiner künstlerischen Entwicklung und gibt anhand zahlreicher Werkbeispiele einen Einblick in das Schaffen wie in das Denken dieses unermüdlich arbeitenden, selbstkritischen Bildhauers, dessen dünne Figuren noch heute erstaunen.

Herr PD Dr. Hanno Scholtz
Soziologisches Institut UZH
Die Soziologie hat die postindustrielle Gesellschaft schon vor 50 Jahren ausgerufen, aber erst seit 2001 steigt die Sorge, dass die „Zweite Moderne“ (Ulrich Beck) mit Wirtschaftskrisen, Migration, Populismus und neu mit der Unfähigkeit zum Klimaschutz in eine ähnlich tiefe Krise hineinsteuert wie die erste Moderne zwischen 1914 und 1945. Können wir aus der Parallele der beiden Krisen etwas lernen?

Frau Dr. Jennifer Hofmann
Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik UZH
Die Psychologie war traditionellerweise defizitorientiert. Man leistete Beiträge zur Definition, Diagnose und Behandlung von Störungen und der Evaluation der Behandlungen. Mit der Positiven Psychologie (PP) tritt nun ein Perspektivenwechsel auf, welcher hilft, die Psychologie wieder zu komplettieren. Die PP beschäftigt sich mit den psychologischen Aspekten des Lebens, die es lebenswerter machen und forscht verstärkt in den drei Bereichen: 1. Positives Erleben (z.B. Glück, Lebenszufriedenheit, Flow, Heiterkeit), 2.Positive Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Charakterstärken, Tugenden) und 3.Positive Institutionen (d.h., Institutionen, die positive Erfahrungen und Persönlichkeitseigenschaften ermöglichen, unterstützen und fördern). In diesem Vortrag werden zuerst die Hintergründe und Entstehung der Klassifikation von 24 Charakterstärken nach Peterson und Seligman (2004) beleuchtet. Sie lernen Ergebnisse zum Zusammenhang der Stärken mit Wohlbefinden kennen und lernen einige Ergebnisse zu Stärkennutzung und Stärkentraining kennen. Sie erhalten auch konkrete Vorschläge zu Übungen, die Sie leicht im Alltag ausprobieren können und die nachweislich das Wohlbefinden steigern können.

Herr Prof. Dr. Oliver Lubrich
Institut für Germanistik, Universität Bern
Wilhelm Tell ist ein Einwanderer aus der skandinavischen Mythologie, den ein deutscher Dichter in die Schweiz eingeschleust hat. Der spitze Hut der Magier im Märchen, zu „Halloween“ oder bei „Harry Potter“ diente im Mittelalter dazu, Juden zu kennzeichnen. Das Wort „Tabu“, das in unserer Psychologie kaum mehr wegzudenken ist, brachte James Cook aus der Südsee mit. Der Name des Online-Händlers „Amazon“ geht zurück auf den eines südamerikanischen Flusses – und dieser wiederum auf die Legenden von einem zentralasiatischen Frauenvolk. Fast alles, was uns vertraut ist, hat einen Migrationshintergrund. Was Fundamentalisten für „ureigen“ halten, ist eigentlich fremd. Was wir „Kultur“ nennen, ist immer auch das Ergebnis eines „Transfers“. Objekte, Symbole, Ideen und Begriffe wandern und verändern dabei ihre Bedeutungen. Der Vortrag gibt einen Ausblick auf eine Sammlung von Fallbeispielen, die der Referent zusammen mit dem Schriftsteller Raoul Schrott und dem Anthropologen Michael Toggweiler herausgibt: vom Kaffee und der Kartoffel über den Weihnachtsmann oder Superman bis zum Hitlergruss und zum Hakenkreuz.

Herr Prof. Dr. Fred Mast
Institut für Psychologie, Universität Bern
Unsere Wahrnehmung ist weitaus komplexer als wir annehmen. Wir haben keinen direkten Zugang zu der Welt, die uns umgibt. Lediglich die Rezeptoren in unseren Sinnesorganen bilden die Brücke zur Aussenwelt. Die Informationen unserer Sinnesorgane sind aber nicht hinreichend für die Welt, wie sie sich in unserer Wahrnehmung präsentiert. Wahrnehmung ist ein Produkt des Gehirns, das die Informationen von den Sinnesorganen wie ein Statistiker auswertet. Das Ergebnis der Auswertung geschieht ohne Verzögerung, in Echtzeit. Unsere Wahrnehmung ist dabei durch Vorwissen, Erwartungen und Annahmen geprägt. Deswegen ist unser Gehirn sogar fähig, Wahrnehmung ohne Information von den Sinnesorganen zu erzeugen. Und dadurch entstehen Träume, die uns das Bewusstsein im Schlaf zurückbringen.